Montag, September 22, 2008

Buch und Ungeheuer

Konnte heute mit großem Genuß eine längere Zeit an der Novelle arbeiten. Sinnvollerweise habe ich nunmehr wieder am Anbeginn begonnen – alle notwendigen Verbesserungen und Hintergrundmaterialien liegen ja bereits vor. Da gerade am Anbeginn die Erzählung ein wenig steif war, habe ich die ersten Seiten komplett neu geschrieben, und somit die Charaktere von Ducasse, vor allem aber auch von Claußen, in das richtige Licht gerückt. Gekommen bin ich bis zu dem punkt, wo Claußen das Haus des Hexers Blunck bezieht und sich die Überbleibsel der letzten hundert Jahre ansieht. Im Original stehen dann dort irgendwelche Grimoires und Zauberbücher, der unauffällig auffällige Hinweis darauf, das irgendetwas mit der ganzen Sache nicht stimmen kann.

Und hier haben wir wieder einen typischen Fallstrick der Art von Mystery, wie sie Lovecraft und seine Epigonen verfassten: Denn wenn man auch die filigran konstruierten literarischen Elaborate ästhetisch zu schätzen weiß, sind sie doch inzwischen zu klischeehaften Signifikatoren degeneriert. Die bloße Erwähnung der Cultes des Ghoules oder Namenlosen Kulten, oder gar des Nekronomicons, genügt bereits, um eine Geschichte fest innerhalb des Mythos zu verorten und ihr die Genrekonventionen anzuhängen. Dies ist natürlich Irrsinn, und mindert irgendwann auch den Spaß. Schlimmer noch, in dem Subgenre des Genres, in der ein „altes Übel“ wieder auftaucht, das bereits einmal erfolgreich bekämpft werden konnte, stellt sich beim Erscheinen des satanischen Schriftthums doch die Frage, warum man solche Lektüre weitertradiert hat, statt sie zu zerstören. Warum liegt in jedem zerfallenen Gebäude eine Ausgabe eines unglaublich seltenen und unglaublich gefährlichen Buches, nur darauf wartend, die Retina des unvorsichtigen Lesers zu überfallen und seinen Verstand in das Äquivalent einer überkochten Tapioka zu verwandeln. Barum, oh großer Baumeister aller Welten?

„Weil es nun mal so ist, mein Sohn. Wir nehmen in solchen Geschichten die Abkürzung, nicht den langen schmerzhaften Weg. Willst Du den Leser wirklich mit viertausend Jahren okkulter Geschichte langweilen, bevor ein angemessen tentakelbewehrtes Monster hervorbricht?“

Naja, der alte Mann hat sicherlich recht. Andererseits kann man dann auf die Abkürzung vielleicht auch gleich verzichten. Da man sowieso damit rechnet – warum nicht ein Instantungetüm? Robert Bloch hat es in einer seiner Kurzgeschichten einmal konsequent vorgemacht: Hier erschien das Ungeheuer aus dem Buch, das Buch war das Ungeheuer. Mit Erfolg: Diese Geschichte war die Inspiration für H.P. Lovecrafts "Der Leuchtende Trapezoider" (The Haunter of the Dark).

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